Freitag, 28. November 2008

Jakob M. Mierscheid - Ein Mann, viele Legenden

Die Bundesregierung beliebt zu scherzen. Das ist ja ansich nichts Neues, aber im gleich geschilderten Fall finde ich es dann doch etwas - nun sagen wir - dubios? Es geht um Jakob Maria Mierscheid, gelerneter Schuhmacher aus dem Hunsrück. Herr Mierscheid ist Bundestagsabgeordneter der SPD. Er hat seine eigene Abgeordneten-Seite auf Bundestag.de, einen Eintrag in der Wikipedia und es gibt sogar ein (völlig hirnrissiges) Gesetz, das nach ihm benannt ist. So weit, so gut. Nichts besonderes, würde man sich denken. Wenn Herr Mierscheid nicht ein imaginärer Bundestagsabgeordneter wäre. Ihr wisst schon - so imaginär, wie der Hase bei Donnie Darko. Herrn Mierscheid gibt es nämlich nicht. Zumindest angeblich. Manch einer behauptet natürlich, er habe ihn schon einmal vor vielen Jahren gesehen, er scheue zwar die Öffentlichkeit, bringt aber nach wie vor auch heute noch Gesetzentwürfe und ähnliches im Bundestag ein (wenn auch nicht persönlich) und taucht namentlich in offiziellen Veröffentlichungen des Bundestages auf.
Sogar ein Steg zwischen zwei Bundestagsgebäuden wurde 2004 nach Mierscheid benannt:

Mierscheid Steg
Der Mierscheid-Steg am Bundestag (Quelle: Wikipedia.de)

Auf Bundestag.de hat er neben seiner Abgeordneten-Seite auch eine Seite über seine Person (LINK) in der Herr Mierscheid folgendes zu Papier gibt:

"Über mich ist viel geschrieben und spekuliert worden – ich habe dabei immer wieder durch meine Worte, meine Taten, meine Gedanken und Anregungen und auch durch mein leider nicht vermeidbares Nichterscheinen die Phantasie meiner Fraktionskolleginnen und –kollegen und Zeitgenossinnen und Zeitgenossen angeregt und beflügelt. Wie immer beim gedruckten und gesprochenen Wort in Berlin ist einiges richtig, vieles falsch und das meiste irgendwo in der Mitte liegend, wenn es sein muss, auch in der neuen.

Deshalb möchte ich einiges klarstellen: Ich bin kein Phantom, wie mir manchmal nachgesagt wird, ich bin auch kein Phänomen, man sagt, ich sei einfach phänomenal. Wie der Verfassungsjurist Friedrich Nagelmann und der Berufsdiplomat Edmund F. Dräcker, meine Kollegen bei der Judikative und bei der Exekutive, mit denen ich gern zusammenarbeite gehöre ich zu den Säulen unseres Staatswesens.

Ich bin Sozialdemokrat, komme aus dem linksrheinischen Hunsrück und bin seit 1979 im Bundestag tätig. Ich bin weder eine Erfindung, noch ein Patent, ich bin die Lösung. [...]"

Zugegebenermaßen sollte einen das Bild auf seiner Abgeordneten-Seite (LINK) etwas stutzig machen, der eine oder andere wird sich vielleicht noch an Karl Ranseier von "RTL Samstag Nacht" erinnern. Eine gewisse Ähnlichkeit kann wohl nicht dementiert werden. Allerdings war Karl Ranseier im Gegensatz zu Jakob Maria Mierscheid sicherlich kein Träger der silbernen Ehrennadel des Männergesangsvereins (MGV) Morbach.

Im Jahre 2004 erhielt Mierscheid übrigens eine Abmahnung von Franz Müntefering, nachdem er "Ulla Schmidt" als Unwort des Jahres vorgeschlagen hatte.

Bundestags-Phantom Mierscheid
Jakob Maria Mierscheid (Quelle: Bundestag.de)

Im Juli 2005 schockierte eine Falschmeldung über den angeblichen Parteiaustritt von Jakob M. Mierscheid die Öffentlichkeit, er sei zur Linkspartei übergetreten - die Tagesschau (LINK) und der Spiegel (LINK) berichteten. Der Spiegel führte sogar ein Interview mit Mierscheid, in dem er die Übertrittsgerüchte dementierte und im gleichen Atemzug über einen Karnickelmörder in seinem Heimatort Morbach berichtete (der gute Mann ist schließlich auch schon Mitte 70!).

Nachdem seit Juli 2007 die Nebeneinkünfte aller Politiker des Bundestages öffentlich einsehbar sind, wunderte sich manch einer verständlicherweise, wieso Herr Mierscheid in dieser Liste nicht auftaucht. Sein Kommentar dazu war lediglich: „Ich bin halt kein Angeber."

Das bereits erwähnte Mierscheid-Gesetz (LINK) besagt übrigens Folgendes:

"Der Stimmenanteil der SPD [in Prozent] richtet sich nach dem Index der deutschen Rohstahlproduktion [der alten Bundesländer] – gemessen in Millionen Tonnen – im jeweiligen Jahr der Bundestagswahl."

Das Gesetz ist zwar umstritten, konnte aber bisher empirisch nicht widerlegt werden. "Die Genauigkeit des Gesetzes wurde im Jahr 2002 ziemlich gut bestätigt. Die Rohstahlproduktion im Jahre 2002 betrug 38,6 Mio. Tonnen, der Stimmenanteil der SPD bei der Bundestagswahl 2002 lag bei 38,5 Prozent." (Wiki)
Wie schon gesagt - völlig durchn Wind...

Abschließend möchte ich noch auf eine sehr sehenswerte,
17-minütige Dokumentation verweisen, die das ZDF im Februar dieses Jahres ausstrahlte, in der ein Reporter sich auf Spurensuche nach dem Bundestags-Phantom Jakob Maria Mierscheid begibt - unter anderem wird hier auch Thierse nach der Person Mierscheids befragt: (LINK)

Ach ja, fast hätt ich's vergessen - Gobi Todic ist zurück! (LINK)

Zu den Quellen:
1. Wikipedia: Jakob Maria Mierscheid
2. Wikipedia: Das Mierscheid-Gesetz
3. Bundestag.de: Abgeordnetenseite Mierscheids
4. Bundestag.de: Jakob Maria Mierscheid über sich selbst
5. Spiegel: Mierscheid dementiert Übertrittsgerüchte (Interview)
6. Tagesschau: Schmutziges Spiel mit Mierscheid
7. ZDF: Doku über Jakob Maria Mierscheid (17min)

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