Textuelle Ergüsse

Dienstag, 26. Mai 2009

Zensursula und 1 Kilo Pappe im Magen

Manch eine fragt sich, was wohl als nächstes kommen mag.
Was unsere Lieblingsministerin als nächsten Punkt auf Ihrer Weltverbesserungsliste abhaken wird. DVDs mit hässlichen FSK-Flatschen versehen, die auch eine sehbehinderte Ministerin auf 50 Meter Entfernung noch erkennen kann - erledigt.
Die Industrie zu Wendecovers für ihre DVDs zwingen - erledigt. Eine Zensurinfrastruktur schaffen und in der Presse als Kinderpornosperre verkaufen - erledigt.

Man merkt schon - diese Gebär- und Zensurmaschine ist ähnlich schwer aufzuhalten wie ein Juggernaut. Die FSK-Flatschen waren ja schon eine Frechheit und führen höchstens zu einer exponentiellen Absatz-Steigerung von Import-DVDs, sicherlich aber zu keinem besseren Jugendschutz. Folgendes Zitat lässt nur vermuten, dass Frau von den Laien an einer ernsthaften Sehschwäche leidet:

""Wir schließen mit der Gesetzesänderung entscheidende Lücken, um den Jugendschutz gezielt zu verbessern", sagt Ursula von der Leyen. "Vielfach sind derzeit die Kennzeichen, die Altersangaben und somit Abgabeverbote deutlich machen sollen, nur mit der Lupe zu lesen, das bringt in der Praxis rein gar nichts. Demnächst kann man auf den ersten Blick erkennen, ab welchem Alter Spiele und Filme für Kinder und Jugendliche freigegeben sind", so die Bundesfamilienministerin."

QUELLE

Als ob das nicht genug wäre, ist die Kinderpornosperre ja wohl der Gipfel der technischen Inkompetenz. Wieso nehmen sich manche Politiker eigentlich generell Themen (und Ämter) vor, von denen sie nichts verstehen?
"Kinderpornos sperren!" - jawoll, da jubelt das Volk! Das böse, böse Internet, da müsste ja schon längst was dagegen gemacht worden sein... früher hätt's sowas sowieso nicht gegeben, da hätte man sie verbrannt, die ganzen Kinderpornoseiten!
Gott sei Dank gibt's ja auch keine öffentlichen DNS-Server und Anleitungen auf Youtube, wie sich die wahnsinnig geistreiche und innovative Sperrtechnik innerhalb von 30 Sekunden auch von jedem ComputerBILD-Leser umgehen lässt.
Tja, da werden die ganzen Pederasten wirklich an der Quelle bekämpft! Lassen wir die Server mit den Kinderschänderfilmchen einfach stehen und sperren dafür die Seiten über DNS-Einträge - wieso aufwendig, wenn's doch auch so einfach geht? Und das Gute an der Sache ist - wenn uns in Zukunft irgendeine andere Seite nicht ins politische Konzept passt - hey, dann lassen wir sie einfach auf die Sperrliste setzen! China macht das ja auch und was die Chinesen können, können wir schon längst. Internet 2.0 - Censored for your convenience.

Passend zum Thema - ich durfte neulich das zweifelhafte Vergnügen haben, einen Film zu sehen, auf den ich knapp ein dreiviertel Jahr lang gewartet habe (nachdem ich ihn auf dem "Fantasy Film Fest" 2008 verpasst hatte) - die Rede ist von "Martyrs", einem Werk, das auf den ersten Blick auf der französischen Terrorfilm-Welle zusammen mit "High Tension", "Inside" und "Frontière(s)" mitzuschwimmen scheint, auf den zweiten jedoch meilenweit davon entfernt ist. Kein Torture-Porn wie "Hostel", kein Slasher wie "Frontière(s)", eher schon ein Drama und daher ungewöhnlich schwerer zu konsumieren. Das Gefühl, das Haneke's "Funny Games" von 1997 ohne explizite Gewalt zu zeigen im Zuschauer hervorrief, schafft dieser Film mit krasser Gewalt - zwar weniger exzessiv und stilisiert als noch in "Inside", aber realistischer und vermeintlich grundloser und daher auch problematischer. Selbst in Noé's "Irréversible" steckte - trotz einer der unschönsten Szenen der Filmgeschichte (Stichwort Feuerlöscher) - noch ein Grund dahinter, der sich dem Zuschauer zwar auch erst später erschließt (und durch eine nicht minder abartige 15-minütige Sequenz zu rechtfertigen versucht wird), die Auflösung von "Martyrs" ist jedoch dermaßen banal, dass man sich fast eine "Grundlosigkeit", wie bei "Funny Games" gewünscht hätte, die den Zuschauer über die Beweggründe der Täter im Dunkeln lässt.

Das Corpus Delicti wurde also von der Juristenkommission der SPIO geprüft, für "strafrechtlich unbedenklich" befunden und ungeschnitten - für den Verleih - veröffentlicht. Es geschehen also doch noch Wunder. Zwar gibt es keine Kaufhausversion des Films (besser ist das!), dennoch kann ihn sich jeder Erwachsene ungeschnitten besorgen. Eine Zeit lang konnte man sich die Verleih-DVD auch einfach regulär bei Amazon bestellen, obwohl nicht indiziert, wurde er inzwischen trotzdem aus dem Angebot genommen.
Danke Google Cache sind aber die Kunden-Rezensionen von Amazon noch verfügbar, bei Interesse: HIER und ebenfalls eine gute Rezension (aus der OFDB) HIER.
Sehr interessant zu lesen übrigens, sowohl die positiven, als auch die negativen - selten wurde über einen Film so heiß diskutiert. 4,5/5 Sternen bei Amazon sagen IMHO auch einiges aus.
Dennoch spreche ich an dieser Stelle keine Empfehlung aus, da ich nicht für bleibende Schäden bei zart besaiteten Gemütern verantwortlich sein möchte... "Martyrs" wirkt nämlich nicht unmittelbar, sondern wirkt nach (und das recht intensiv), was für manch einen Zuschauer ziemlich ungewohnt sein dürfte.

Wozu das ganze Blabla? Die Franzosen geben Filme (Spielfilme, keine Pornographie) generell ab 16 Jahren frei. Der letzte Film, der ab 18 freigegeben wurde, war im Jahr 2000 "Baise-Moi" und der war eine (recht dürftige) Mischung aus "Natural Born Killers" und Hardcore-Porno. "Martyrs" wurde jedenfalls zuerst auch ab 18 eingestuft (was in Frankreich einer Indizierung gleichkommt), bis sich, nach zahlreichen Protesten und medienwirksamen Aktionen, die französische Kultusministerin Christine Albanel persönlich dafür einsetzte, dass der Film wieder auf 16 heruntergestuft wird, was dann auch geschah.

In den Niederlanden und in Skandinavien ist das übrigens ähnlich, dort gibt es meines Wissens nach kaum Zensur, geschweige denn Filme, die ab 18 eingestuft oder gar indiziert werden. Und trotzdem laufen - oh Wunder - weder in Frankreich, noch in den Niederlanden oder Skandinavien die Kinder reihenweise Amok.

In Deutschland würde sich die zuständige Ministerin wahrscheinlich an ihrem heißen Kaffee verschlucken, würde man mit einem ähnlichen Anliegen an sie herantreten.

Auch bei Computerspielen sehen das unsere Nachbarländer geringfügig lockerer, nur als Beispiel:

"Dass die größte Lan-Party der Welt regelmäßig in Schweden steigt, sei nicht weiter verwunderlich. "Videospiele sind hier längst gesellschaftsfähig" [...] Tatsächlich dürfen in Schweden selbst Minderjährige Spiele spielen, die in Deutschland auf dem Index sind. Schwedische Experten sind der Meinung, dass ein Zusammenhang zwischen echter und virtueller Gewalt nicht bewiesen werden kann. Im Gegenteil: Laut einer Studie des schwedischen Gesundheitsministeriums erhöhen Computerspiele die Reaktions- und Teamfähigkeit."

QUELLE

Im Gegensatz dazu gibt es natürlich auch Negativbeispiele, wie die schokihungrigen Schweizer, die dem schlechten, deutschen Vorbild nacheifern: LINK
Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Schweizer bei der hierzu anstehenden Volksinitiative richtig entscheiden.

Zurück nach Deutschland - im März hat "Galeria Kaufhof" erklärt, ab April keine nicht-jugendfreien Spiele mehr zu verkaufen (Quelle), dem ist jetzt auch "Marktkauf" gefolgt (Quelle) und nimmt alle USK-18 Titel aus dem Programm.

Erwähnenswert wäre in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch eine News aus der musikalischen Ecke und zwar, dass sich "Green Day" mit ihrem neuen Album "21st Century Breakdown" in den USA weigerten, eine speziell für "Wal-Mart" angefertigte, zensierte Version zu produzieren, da sie das als Verfälschung ihrer Kunst ansehen. Man muss dazu sagen, dass "Wal-Mart" in Amerika mittlerweile der größte Umschlagsplatz für Musik-CDs ist und es daher gang und gäbe ist, dass Künstler speziell für "Wal-Mart" eine "Clean Version" ihres Albums anfertigen müssen. Selbst "Eminem" hat sein neues Album in zwei Versionen veröffentlicht - da hatte das Tontechnikerteam wahrscheinlich soviel Arbeit mit Wegpiepen, dass die Clean Variante auf AMAZON ungelogen fast doppelt so teuer ist (EUR 17,95) wie die unzensierte Version (EUR 9,95). (Anm.: Seit wann kosten neue Alben eigentlich nur noch EUR 9,95?!)

Jedenfalls verstößt "Green Day" damit gegen die Firmenpolitik von "Wal-Mart", sprich ihr Album wird in der Kette nicht verkauft, folglich geht beiden ein dicker Brocken an Einnahmen flöten. Umso mehr eine sehr anerkennenswerte Einstellung! Billie Joe Armstrong sagt dazu:

"We just said no. We've never done it before. You feel like you're in 1953 or something. [...] If you think about bands that are struggling or smaller than Green Day ... to think that to get your record out in places like that, but they won't carry it because of the content and you have to censor yourself," he said. "I mean, what does that say to a young kid who's trying to speak his mind making a record for the first time? It's like a game that you have to play. You have to refuse to play it."

QUELLE

Zum Schluß möchte ich noch jedem, der bis hierhin gelesen hat, eindringlich davon abraten, an einem dieser zur Zeit laufenden, dekadenten Burger-King All-You-Can-Eat-And-Drink Events (LINK) teilzunehmen, es sei denn, ihr habt Bock auf 1 Kilo Pappe im Magen. Schockierenderweise geht auch garnicht soviel rein, wie man denkt und plant (selbst nach Dehnung des Magens durch 1,5l Wasser in 10 Minuten am Vorabend und 24-stündiges, vorheriges Fasten), da einem nach dem ersten All-You-Can Tablett der Magen dermaßen verklebt ist, dass auch das typische "in 'ner halben Stunde hat man eh wieder Hunger" nicht eintritt. Geschafft habe ich trotzdem:

1x Texican Burrito / 626kcal / 2,99€
1x Texican Whopper / 977kcal / 4,29€
1x Triple Whopper + Extra Bacon / 1057kcal (o. Bacon) / 5,79€
2x Onion Rings / 556kcal / 3,98€
2x Chili Cheese Nuggets / 732kcal / 5,98€
1x große Cola / 210kcal / 1,99€
1x großer Caramel Shake / 264kcal / 1,99€
1x Hot Muffin Caramel Crisp / 317kcal / 1,89€
0x Big King XXL / n/a (nur 2 Bissen) / 4,29€
4x Sour Creme / n/a (keine Angabe) / 0,80€


Knapp 30 Minuten, 4739 Kalorien (hier wurden nicht miteinberechnet: 1x Extra Bacon, 4x Sour Creme Sauce, 2 Bissen Big King XXL) und zwei Übelkeitsanfälle später, war ich schon stolz darauf, 33,99 Euro verfressen zu haben und durfte mich mit leichter bis mittelschwerer Magenverstimmung nach Hause schleppen, um erstmal zwei Stunden auf meinem Bett zu liegen (auf dem Rücken wohlgemerkt). Die Verdauungsgeräusche setzten erst Stunden später ein - auf dem Bauch liegen ging aber trotzdem noch nicht und seitwärts nur unter Schmerzen. Übrigens - ganz anders als bei Morgan Spurlock ging's mir am nächsten Morgen überraschenderweise blendend und - viel schlimmer: ich hatte wieder Bock auf Burger...
Ein Kindertraum wurde wahr (und das für 10 Euro!), allerdings kein sonderlich gesunder...

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Donnerstag, 12. März 2009

Amoklauf ODER Wieviel Schuld trifft die Schokoladenindustrie?

Tim K. spielte Killerspiele. Darüber informierte mich heute morgen der Infoscreen in der Ubahn-Station. Und darüber, dass die Arktis-Gletscher schmelzen. Welche von diesen beiden Informationen bei den ferngesteuerten Morgenzombies hängen bleibt, sei dahingestellt. Wahrscheinlich aß Tim K. auch gerne Schokolade. Die bittere. Ohne Nüsse. Vielleicht stand er auf Bondage-Pornos, die schon morgen neben den Snuff-Filmen seiner "Gewalt- und Horrorsammlung" auf der Titelseite der BILD, direkt über den Titten der Woche, zu begutachten sein werden.

Gut fand ich auch den Typen bei SternTV gestern Abend, der erst ein Kumpel, dann plötzlich nur noch ein "Bekannter" des Täters war und - Achtung - auch schonmal vor seinem Haus stand! Wahnsinn. Ein richtig guter Kollege also. Aber er wusste zumindest, dass Tim K. ein Counterstrike-Fan und WoW-Zocker war. Essentielle Informationen, die ein gefundenes Fressen sind für den seelenhungrigen Styx der medialen "Warum?"-Industrie.

Wer weiß - was, wenn der Auslöser ein verpasster Bus war?
Oder ein Rempler im Supermarkt? Oder der Umstand, dass die Schokobrötchen bei seinem Lieblingsbäcker alle waren? Wie soll man da jetzt verfahren... Counterstrike oder Tischtennis verbieten? Tim K. spielte nämlich auch leidenschaftlich gerne Tischtennis. Tatsache. Sollte man Tischtennis vielleicht erst ab 18 freigeben? Oder ganz abschaffen? Alle Tischtennisschläger beschlagnahmen? Oder mit Aufklebern der Juristenkommission versehen: "Tischtennis - strafrechtlich unbedenklich." Was meint ihr, wie das den Absatz von Tischtennisschlägern plötzlich steigern würde... da könnten Totschläger einpacken.

Unterm Strich bleibt aber das Übliche - ein Versager, der keine abgekriegt hat, von den Medien mit den ewig unbeantworteten "Warum?"-Fragen hochgehypt und von dummschwätzenden Psychologen und Pseudo-Profilern analysiert wird, um posthum den Ruhm zu erlangen, auf den er es von vornherein durch seine Tat abgesehen hatte. Mission erfüllt quasi.
Dass gleichzeitig ein neues Vorbild für die ganzen potenziellen Harrise und Klebolds dieser Welt entsteht, ist den mitleidheuchelnden, scheinengagierten Medienvertretern völlig egal. Und dabei war er doch so ein netter Kerl.
Das soll mal einer twittern...

Themawechsel. Jetzt, wo es sich nur noch um Stunden handeln kann, bis die Verbotsforderungen auf zwei Rädern anrollen und sich ungefragt und lautstark zu Wort melden, sollten wir uns Gedanken machen, wie wir uns in Zukunft schützen können.
Vor all den Verbrechern, Geisteskranken und Psychopathen, nekrophilen Kinderschändern und transsexuellen Vergewaltigern, die an jeder Ecke lauern. Wir leben schließlich in Gefahr. Deutschland mutiert langsam, aber sicher zu den United States of Germany. Was also tun? Nach Österreich oder in die Schweiz flüchten? Gefährlich. Da gibt es viel Schokolade und die Leute sprechen komisch. Einen türkischen Bundeskanzler wählen? Fraglich, ob das was bringt. Bewaffnen? Freie Schußwaffen für alle? Schwierig zu begründen, in Zeiten von Amokläufen.

Man merkt schon - eine Universallösung gibt es nicht. Sicherheitsschleusen, Metalldetektoren, RFID Chips, GPS Tracking und ein staatlich finanzierter, öffentlicher Denunzierungsdienst im Internet wären eine Möglichkeit. RottenNeighbor geht hier bereits mit gutem Beispiel voran. Die Stadt Heinsberg ebenfalls.
Außerdem muss mehr Druck her. Mehr Druck auf die Jugend, damit sie keine Zeit mehr hat, auf der Couch zu gammeln, sich sozial zu isolieren, während sie kiffend und trinkend Killerspiele spielt und Gewaltvideos konsumiert. Dazu ein Internetverbot, denn das Internet ist schließlich der Quell allen Übels:
Violence, pornography & hatred - come in and get lost.

Des Weiteren: Alkohol und Nachtleben erst ab 21, Schankschluss um 22.00 Uhr, Wiedereinführung der Todesstrafe und eine weitere Straffung der Schulzeit auf zehn Jahre mit täglichem Unterricht von 08:00 - 18:00 Uhr. Inklusive Samstag.
Nur so können wir wieder auf eine elitäre Leistungsgesellschaft zusteuern und unterbinden ein Volk von xenophoben, latent aggressiven Sozialkrüppeln. Neue Innovationen müssen her.
Hinführen an dieses Konzept könnte man die Jugendlichen langsam übers Web 2.0, also MySpace, StasiVZ und Konsorten - schließlich macht der Ton die Musik. Oder wir holen uns den Governator. Der regelt das schon. Und mit Waffen kennt er sich auch ganz gut aus...

Übrigens, apropos Web 2.0 & Musik - für manch einen sicherlich ein Grund virtuell Amok zu laufen:
heute brachen die letzten 24 Stunden eines der innovativsten Web-Projekte der letzten Jahre an. Fabchannel.com beugt sich der Musikindustrie und macht die Schotten dicht. Und ihr kommt jetzt leider zu spät. Am Freitag, den 13., um Punkt 18.00 Uhr ist Schluss. Schluss mit kostenlos und ohne Anmeldung in HD gestreamten Indie/Pop/Punk/Elektro-Konzerten, die von Fabchannel regelmäßig in verschiedenen Amsterdamer locations aufgenommen, geschnitten und anschließend online gestellt wurden: von Millencolin über Kate Nash, Amy Macdonald und Polarkreis 18 war da alles mit im Repertoire. Über 1000 Konzerte. Und ich darf wiederholen - völlig kostenlos.
Das fand die gebeutelte Musikindustrie nicht so toll. Fabchannel bot den Labels zwar den Löwenanteil der Werbeeinahmen - ganz abgesehen von der kostenlosen Werbung, die die Künstler durch die Video-Promotion erhalten - aber außer Universal, sah keines der Major Labels einen Grund, "seine" Musik weitestgehend kostenfrei anbieten zu lassen. Da müssen ja echte Marketingexperten hinter den Schreibtischen sitzen. Es zählen eben nur direkte Einnahmen - dass Werbung für die lizenzierten Künstler gemacht wird und somit potentielle CD-Käufer geworben werden, ein immenser indirekter Gewinn für jedes Label, tut nichts zur Sache. Sehr fortschrittlich, Bravo!

Aber Innovation war ja noch nie so wirklich das Steckenpferd der Plattenfirmen. Eigentlich gehören die ganzen Musikkapitalisten boykottiert indem alle nur noch raubkopieren. Dann können sie sich beim Gulagputzen ein neues Verkaufsmodell überlegen.
Was Fabchannel neun Jahre lang durch verschiedene Finanzierungskonzepte zu erhalten versuchte, ist letztenendes
an der Borniertheit irgendwelcher überbezahlten Sesselfurzer gescheitert und die 1000 Konzertaufnahmen vergammeln jetzt in irgendeinem Archiv.
Auf DVD veröffentlicht werden dürfen sie nämlich auch nicht.
Fabchannel haben es wenigstens versucht und ihr Bestes gegeben. Die Plattenfirmen nicht.

Ihr merkt schon - Dienstag Amoklauf (USA), Mittwoch Amoklauf (USG), Donnerstag drei Jahre statt zehn Millionen für Muntadhar al-Zaidi und Freitag Fabchannel dicht. Keine gute Woche.

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Dienstag, 4. November 2008

Welcome to the underground

Habt ihr manchmal auch das Gefühl nur von Asozialen umgeben zu sein? Mich beschleicht dieser Verdacht mindestens einmal am Tag. Man muss dazu sagen, dass ich U-Bahn fahre. Recht viel sogar. Je nach Tages- oder Nachtzeit ist man in der U-Bahn mal mehr, mal weniger vom gesellschaftlichen Abschaum umgeben - da geben sich Cracknutte und Menschenschieber die Klinke in die Hand. Man mag meinen, dass manches was in diesem unterirdischen Moloch so kreucht und fleucht, noch nie das Tageslicht gesehen hat (Gott sei sei Dank in vielen Fällen!), dass einige Geschöpfe nur aus ihren Löchern kriechen, um den Tag in einem noch größeren Loch zu verbringen. 18-jährige Mütter mit
6 Kindern im Gepäck, Zigarette im Mund und Handy in der Hand, Pfandsammler, die gerne auch mal ihr Frühstück und die dazu passende Lektüre (Bild-Zeitung vom Vortag) aus der Tonne ziehen, besoffene Hip-Hop-Kiddies - vorzugsweise in Gruppen - mit Ich-fick-Deine-Mudder-und-spritz-ihr-in-die-Augen-Musik im Ohr und Biaaatch im Arm, Typen powered by Methadon mit Augenringen bis zum Kinn und überhaupt - BaumschulabbrecherInnen in allen Formen und Farben.
Du bist Deutschland. Alter. Da wär ich ehrlich gesagt lieber Tadschikistan.

Selbst das bei Deutschen so beliebte ganze-Sitzgruppen-Besetzen hilft meist nur wenig. Was kümmert den Ubahn-Assi in Zeiten der Wiedervereinigung schon eine besetzte Zone?
Bei einer längeren Bahnfahrt machte ich einmal den Fehler eine leere Viererbank als Erster zu belegen, mit dem Resultat, dass mir die nächsten zweieinhalb Stunden Bushidos kleiner Bruder Gesellschaft leistete. Dieser hatte - nicht zuletzt dank der geschätzten 10 Biere, die er sich in dieser Zeit einverleibte - ein deutlich erhöhtes Mitteilungsbedürfnis und so erfuhr ich so manches über seinen Block (übel), seine Crew (korrekt) und den Beef mit einer anderen Crew (krasse Scheiße). Gegen diese Geschichte war "American Gangster" eine echte Schlaftablette. Der King höchstpersönlich sollte aus seinem Cheeseburger-Grab steigen und "In The Ghetto" nochmal umschreiben. Nur für ihn. Wobei ich nicht glaube, dass dieser Möchtergern-Fuffzich-Zent jemals was von Elvis gehört hat.
Er betonte im Übrigen auch immer und immer wieder, mit einem namenhaften, deutschen Rapper verwandt zu sein, dass er sein Demo schon zu MTV geschickt hätte (echter Underground eben!) und verabschiedete sich todernst mit den Worten "Wir sehn uns dann auf MTV wieder!". Den Rest der Fahrt musste ich sehr viel über die legalen Aspekte postnataler Abtreibung nachdenken.
Mit Größenwahn geht's los, in Wahnvorstellungen endet's dann.
In Zeiten von Titelzeilen wie "Ein 27-Jähriger hat [...] seine schlafenden Eltern erschlagen. Er glaubte, sie seien Außerirdische." (ZEIT online) sollte die Prävention vor solchen Kandidaten einen ganz neuen Stellenwert in unserer Gesellschaft einnehmen.

Aber zurück zum echten Underground. Wieso gibt's an U-Bahn-Schächten eigentlich keine Gesichtskontrollen? In die Disco darf nicht jeder, in die U-Bahn aber schon oder was? Gesetzesfreie Zone Stadtwerke. Inzwischen bin ich übrigens zum notorischen Sitzplatzverweigerer geworden. Erstens wegen der Erfahrungen, was sich schon so alles neben mich platziert hat und zweitens aufgrund diverser Flüssigkeiten, in die ich mich schon gesetzt habe. Ob nun der Vorsitzer inkontinent oder die Vorsitzerin auf dem Weg zur Entbindungsstation war, sei dahingestellt. Aber es gibt so Sachen, die sollte man einfach nicht wissen. Sehr schön finde ich übrigens auch die "Fettkreise" (wie Kornkreise, nur aus Talg), die man immer häufiger in Bus und Bahn findet. Das sind die verschmierten Talgpfützen, die Naturpomade, die der Vormann beim fettigen-Kopf-an-die-Scheibe-lehnen an selbiger hinterlassen hat. Vereinzelt finden sich auch Exemplare, bei denen sich der Erschaffer danach noch mit seinen Initialen im eigenen Geschmiere verewigt hat. Das ist dann meist der Schlag Männer, der stolz darauf ist, etwas "geschaffen" zu haben.
Der auf der Toilette ehrfürchtig und zufrieden den gesetzten Haufen nochmal begutachtet und tief durchatmet, bevor er sich (auf den öffentlichen) abschließend mit brauner Schrift an der Kabinenwand verewigt. Wie ein Künstler, der sein Werk signiert. Andererseits - wenn Beuys das mit Fett durfte, warum darf man das dann nicht auch mit Kot? Die Höhlenmalerei liegt Männern eben doch noch im Blut.

Gesetzesfreie Zone Toiletten. Ich möchte nicht näher ausführen, was mir auf manch einer frei zugänglichen Toilette, sei es an der Uni, auf der Arbeit oder an der Autobahnraststätte schon zu Ohren gekommen ist. Jeder Audiophile würde sich da sofort erschießen. Da ich inzwischen nur noch von uns Männern spreche, möchte ich an dieser Stelle kurz einschieben:
ich wage einfach zu bezweifeln, dass sich auf Frauentoiletten ähnliche Szenarien abspielen (zumindest hoffe ich das aus tiefstem Herzen!).
Männer betreten eine Toilette und vergessen ihre gesamte gute Kinderstube binnen weniger als einer Sekunde. Manchmal ist mir das, was meine Artgenossen in den Kabinen nebenan alles von sich geben, so unangenehm, dass ich meine erst nach allen anderen verlasse. Einem Menschen, der eben noch solch unmenschliche Geräusche fabriziert hat, könnte ich nämlich nie wieder in die Augen schauen ohne innerlich kotzen zu müssen.
Ab und an danke ich dem Herrgott dafür, dass es keine gemischtgeschlechtlichen Toiletten gibt. Da würden jeden Tag Weltbilder zerplatzen. Ich möchte ergänzend hinzufügen, dass ich bisher noch nicht das Vergnügen einer U-Bahn-Toilette hatte, vielleicht sind das ja die Brutstätten der Asozialen. Einige von denen wurden da mit Sicherheit gezeugt (und haben die U-Bahn-Schächte seitdem nie verlassen). Creep lässt grüßen!

Aber irgendwo muss Mann doch entspannen, werden einige jetzt sagen und wo, wenn nicht aufm Topf? Mann muss in diesen Zeiten ja schließlich viel leisten. Baum pflanzen, Buch schreiben und männlichen Nachkommen zeugen sind da nur der Anfang. Auch wenn sich viele Männer heutzutage eher auf die Couch pflanzen, gerade noch dazu in der Lage sind, ihren eigenen Hartz-IV-Antrag zu unterschreiben und sich nicht ganz sicher sind, wieviele Nachkommen sie bereits haben. Die sind übrigens gerade mit der schlotenden Mutter in der U-Bahn und nässen ein paar Sitze ein, bevor sie dann irgendwann in irgendeiner Tiefkühltruhe landen und Jahre später, auf der Suche nach einer Dr. Oetker, von einem der übrig gebliebenen Geschwisterchen entdeckt werden.

Da sprechen die Nazis immer davon kriminelle Ausländer abzuschieben - wieso eigentlich nicht die ganzen Asozialen
gleich mit? Problem hierbei ist wahrscheinlich, dass das im Wahlprogramm solch einer Partei nicht sonderlich gut käme, ihren Hauptwählerstamm gleich mitabschieben zu wollen. Jeder Asoziale braucht ja seinerseits auch wieder jemanden, den er als niederes Wesen betrachten kann, damit er sich nicht mehr ganz so schlecht fühlt. Wenn man nun aber selbst schon am Ende der Nahrungskette steht, bleiben einem nicht viele Optionen. Hier kommen dann die Alten, die Schwächeren, Behinderte und andere Randgruppen mit ins Spiel. Auf Bonzen schimpfen ist außerdem out, die eigenen Parteifunktionäre nagen ja schließlich auch nicht am Hungertuch. Aber solange der giftige Abschaum unser Grundwasser noch nicht allzusehr verseucht hat, ist ja noch alles in Ordnung. Trotzdem sollte man, um dem vorzubeugen, hin und wieder mal richtig durchspülen. Wundert mich, dass noch kein findiger TV-Produzent auf die Idee gekommen ist, eine JVA für straffällige Ausländer und Nazis aufzumachen, die teilen sich dann Zellen (um Clusterbildung zu vermeiden) und jede Woche wird eine Diskussionsrunde - wechselnd moderiert von Holger Apfel und Michel Friedman - live ins Internet gestreamt und ein Kandidat per SMS gevotet, der entweder nach Postlow oder nach Istanbul abgeschoben wird. Frei nach Schlingensiefs Container-Aktion. Das wäre mal ein bisschen Abwechslung zu den ganzen Salesch-Hold-Schauspielschulabgängern.

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Montag, 27. Oktober 2008

Was ich hasse

Mal ehrlich - sind es nicht die kleinen Dinge, die uns tagtäglich ein Stückchen näher an den Tellerrand des Wahnsinns treiben? Ich spreche hierbei nicht von all den Mainstream-Hassobjekten, welche dem allerseits heiß herbeigesehnten Weltfrieden entgegenstehen - Al Kaida, Klingeltöne oder die Dummheit der Massen (Dumbness of Many), sondern eben von jenen Dingen, die uns jedes Mal aufs Neue den perfekten Tag versauen. Es geht ja jeden Morgen schonmal mit den Berufsarschlöchern los (also Profi-Arschlöcher quasi) - da wäre der Paketmann, der wieder mal zu faul war seinen dicken Hintern ein paar Stockwerke raufzuschwingen und deswegen lieber gleich den Abholschein einwirft, der einen dann neben der verkrampften becksteinschen Wahlkampf-Flyer-Visage anlächelt, so dass man der Meinung sein möchte, manche Menschen lebten ausschließlich für die Papierverschwendung, frei nach dem Motto "Scheiß drauf, Hauptsache Papier verbraucht!". Da lacht der Papierindustrielle. Der lebt nämlich nicht für die, sondern von der Papierverschwendung. Kann uns doch egal sein, wenn's ein paar mehr Eingeborenen im Regenwald auf den Kopf schifft, weil wieder 1.000.000 Abholscheine unnötig eingeworfen wurden. Aber dafür gibt's ja Krombacher. Saufen für den Regenwald. Oder besser gesagt - für den Abholschein. Wenn sich jetzt aber jeder Deutsche gleich am Morgen das erste Bier reinpfeifen würde - was käme dann als nächstes? Der Kommunismus? Hey, ich hab da ein besoffenes Volk, das regiert werden will - arbeitslose Demagogen vor! Davon gibts nämlich genug und die verheißen nichts Gutes, ähnlich wie ein gewisser arbeitsloser Maler. Apropos arbeitsloser Maler - nach den aktuellen Wahlergebnissen im Land der Verzögerung sollten wir uns in Zukunft dann vielleicht doch etwas genauer anschauen, wen wir da mit welchen Ambitionen einreisen lassen. Potentielle Führer und arbeitslose Straßenkünstler mit Führungsaffinität werden dann direkt wieder nach Kärnten abgeschoben. Das könnten wir dann als Monopoly-Strategie verkaufen: Gehe direkt nach Kärnten, nicht über Deutschland, gehe nicht über Berlin und ziehe keine 82 Millionen Bürger ein. Aber ich schweife ab. Berufsarschlöcher. Hatten wir die Busfahrer schon?

Es gib ja sicherlich Ausnahmen und doch begegne ich in 9/10 Fällen denen, die direkt von der Taubstummen-Schule zu kommen scheinen. Kein "Guten, Morgen!", keine geheuchelte Begrüßungsfloskel, nichts. Das sind dann auch die, die sofort aufs Gas treten, sobald die 90jährige mitm Hackenporsche eingestiegen ist und der guten Frau somit zu einem Schleudertrauma verhelfen und sie zu einer nicht zu unterschätzenden Gefahr für die übrigen Insassen machen. Ihr lacht? Dann weicht erstmal aus, wenn Euch plötzlich 50kg Mensch + 15kg Metall mit Rädern bei 100km/h in die Fresse fliegen. Wer dann noch seine Zähne im Mund und nicht im Schoß des Nachbarn hat, darf gerne lachen.
Busfahrer sind Menschen, die Tauben über-, Seitenspiegel ab- und Kinder anfahren, potenzielle Fahrgäste - kurz vorm Herzinfarkt - in Richtung Bus rennen lassen, um im allerletzten Moment doch noch wegzufahren und dabei ein kleines bisschen geil werden. Sonst haben sie ja nichts vom Leben, außer an sonnigen Sonntagen, wenn sie nach der Kirche ihre Frau verprügeln können. "Nicht mein Bus, nicht mein Geld, nicht meine Familie, die da hinten drin sitzt (ganz abgesehen davon, dass auch die mir scheißegal wäre). Nicht mein Tag."
Tolles Lebensgefühl, was? Hätten Busfahrer eine Aura, es wäre wohl die Berliner Mauer (inklusive Todeszone), die sie umgäbe.

Wenigstens gibt es bei Busfahrern diese Unsitte der Namens-Nummernschilder (noch) nicht. Ihr wisst schon - wie bei LKW-Fahrern. Damit man im Moment des eigenen Todes auch sicher mitbekommt, dass man gerade von Karl-Hermann über den Haufen gefahren wird. Eigentlich nicht schlecht, so kann man warten bis Karl-Hermann in den Himmel kommt und ihn dann im Gegenzug mit einem der Himmelslaster überrollen. Am Sonntag beispielsweise. Oder noch besser - Petrus schließt auf, zack! - erstmal 'nen ungebremsten LKW übers Gesicht. Mit MEINEM Namens-Nummernschild versteht sich. Wenn Karl-Hermann aber so ein regenbogenfarbenes Nummernschild vorne drin hatte, muss man eventuell ein paar Stockwerke tiefer suchen und sich da den LKW anmieten. Einen ausrangierten Beckstein-Wahlkampf-Laster zum Beispiel.

Als letztes - aktuelles - Beispiel für Profiarschlöcher sollen heute Fast-Food-Lieferanten herhalten. Da erdreistet sich der Pizzabote gestern doch tatsächlich mich darauf aufmerksam zu machen, ich könne und solle ruhig etwas Trinkgeld geben, wenn er sich schon soviele Stockwerke raufbequemen muss, die Pizza sei doch sowieso schon so günstig. Zugegeben, die Pizza ist günstig. Die Vorfreude war auch groß, ich habe schließlich knapp ZWEI STUNDEN darauf gewartet. Freundlich, aber bestimmt nahm ich dem verschwitzen Pizzasklaven meinen Karton ab und erklärte ihm meine missliche Lage und dass ich auch gerne mal ein Trinkgeld gebe, aber sicher nicht, wenn ich in der Zeit, die ich warten musste, 10 EIGENE PIZZEN HÄTTE BACKEN KÖNNEN. Verdammt nochmal.
Der Pizzalieferant ist übrigens selber "Chef", hat das Trinkgeld auch nicht nötig, sondern wollte das nur für die Zukunft mal angemerkt haben. Danke für die Info, aber wenn ich beschissene Ratschläge hören will, geh ich lieber zu den Mormonen in die Fußgängerzone. Die schwitzen einem nämlich nicht die Pizza voll und verlangen dann auch noch, dass man sie dafür zusätzlich entlohnt. Dafür gibt's die beschissenen Ratschläge und ein beschissenes Buch umsonst. An dieser Stelle bitte ich mir meine Fäkalsprache zu verzeihen, aber quid pro quo.

Ursprünglich wollte ich mich in diesem kleinen Text ja mehr über die kleinen Übel des Alltags aufregen, sei es das Nicht-Finden des Anfangs der Tesafilmrolle, das Falsch-Knüpfen von Bettdeckenbezügen (dafür dass die drecks Knopfleiste beim Schlafen dann eh immer in die falsche Richtung - nämlich nach oben - zeigt), Geister-Spinnweben (das sind diese einzelnen, unsichtbaren Spinnennetzfäden, durch die man an den unmöglichsten Orten durchläuft, um sich danach minutenlang, wie ein an paranoider Schizophrenie Leidender, im Gesicht rumzugrabschen, beim Versuch sie zu entfernen), der Verlust der Zahnpasta von der Bürste ins Becken, Sockenfersen, die prinzipiell auf der falschen Seite angebracht sind, oder einfach nur defekte Reißverschlüsse. Reißverschlüsse sind auch so ein Thema für sich. Man kann mir nicht weismachen, dass die Reißverschlusshersteller dieser Welt keine Qualitätskontrollen haben. (So wie mir die Tante von o2 mal erklären wollte, dass es bei o2 keine Rechtsabteilung gäbe, aber das ist eine andere Geschichte...)
Von Continual Service Improvement ganz zu schweigen.
Der unkaputtbare Reißverschluss wäre DIE Marktlücke und gleichtzeitig das Todesurteil eines Imperiums: jenes riesige Netzwerk von zwielichtigen Ostblock-Reißverschluss-Manipulierern, das seit Dekaden, im Untergrund agierend, beauftragt wird, in dubiosen Hinterhoffirmen den Wegwerfreißverschluss für den globalen Export an die Bekleidungstitanen fertigzumachen.

"Kaputter Reißverschluss" ist für viele Menschen ja gleichbedeutend mit "neue Jacke". Die Alte fliegt dann bestenfalls in den Kleidercontainer und wird im Entwicklungsland Eurer Wahl höchstbietend weiterverscherbelt. In Afrika brauchts auch keine Reißverschlüsse, da ists nämlich warm genug. Die intakten Stücke gehen selbstverständlich gleich an die Milizen. Wobei - sollten nicht spätestens an dieser Stelle die obdachlosen Eingeborenen im Regenwald, denen es übrigens immer noch aufs Hirn schifft, wieder ins Spiel kommen?
Also stopft die Jacke lieber im Getränkeladen Eures Vertrauens in einen leeren Krombacher-Kasten.
Hallo? Ich lasse mein Auto doch auch nicht gleich nach Litauen abschleppen, nur weil 'ne Zündkerze durchgebrannt ist. Aber so funktioniert sie eben, unsere schöne Wegwerfgesellschaft. Halt, wir werfen ja nicht weg - wir exportieren. Exportgesellschaft also. Wir sind ja hier nicht in Neapel.

Aber eigentlich können wir uns doch glücklich schätzen, dass wir, bevor wir unseren Müll rausstellen, nicht erst 0800-MAFIA anrufen müssen, weil wir sonst Gefahr laufen übern Haufen geschossen zu werden. Dass beim Spermüll Ostblock-Laster und keine Mafia-Limousinen am Straßenrand stehen. Dass die meisten Menschen in unseren Gefilden die Camorra eher mit einem Nachtisch bei ihrem Lieblingsitaliener assoziieren, als mit dem organisierten Verbrechen und dass man beim Besuch eben dieses Lieblingsitalieners keinem Paten am hintersten Tisch den Ring küssen muss. Und was lernen wir jetzt daraus? Wohl oder übel müssen wir uns eingestehen, dass - auch wenn es noch so viel Hassenswertes in unserem schönen Land gibt - die echten Probleme, wie so oft nicht wir, sondern eher die anderen haben.

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